Cristiane F.

Wenn es in keine andere Kategorie passt
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Re: Cristiane F.

Beitragvon Jostein » Di 24. Sep 2019, 19:49

Aber warum wählten die Autoren, berufserfahrene Fachleute, diesen Schreibstil, Sätze mit grotesk und überzogen wirkenden Adverbien und Adjektiven auszustatten, der in der Literatur nicht gerade den besten Ruf hat und mit dem sie das Buch bis zum Rand vollstopften?

Auf Grund ihres Berufes wussten sie, dass die große Masse sich noch nie die Mühe machte, z.B. Georg Büchner zu lesen und selbst ein Johann Wolfgang von verstaubte ehr im Regal, als dass er gelesen wurde.

Da ihr Ziel aber ein möglichst großer Verkaufserfolg war, blieb also folgerichtig nur die Abfassung als Trivialliteratur.

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Re: Cristiane F.

Beitragvon Jostein » Mi 25. Sep 2019, 18:23

Sie mussten sich vorgekommen sein wie mittelalterliche Alchimisten, denen es gelungen war, aus wertlosen Stoffen Gold zu machen.

Mit dem Unterschied nur, dass das was sie da fabriziert hatten bedeutend wertvoller war, sofern man es auf das Gewicht ihres ersten fertiggestellten Buchexemplars bezog.

Ca. 3 Millionen verkaufte Exemplare bis 2006 wären es gewesen, meint Wikipedia.

In den Jahren 1980 und 1981 wurde es zum meistverkauften Buch in der Bundesrepublik Deutschland und später in mindestens 15 Sprachen übersetzt.

Ganz klar dass dadurch eben auch das Sound überregional bekannt wurde und davon profitierte, zumindest was die Besucherzahlen betraf.

Denn wer das Buch gelesen hatte, der wollte die Orte des Geschehens auch mal persönlich in Augenschein nehmen, falls sich dazu die Möglichkeit bot.
Zuletzt geändert von Jostein am Do 26. Sep 2019, 20:04, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Cristiane F.

Beitragvon Jostein » Do 26. Sep 2019, 20:03

Trivialliteratur gibt es wie Sand am Meer. Was also bewirkte den Erfolg des Buches?

Zusammengefasst könnte man sagen, die sorgfältig und präzise durchgeführte Justierung des Werkes auf sein einziges großes Ziel, das Gewinnen einer möglichst großen Leserschaft.

Bleiben wir wieder beim ersten Satz, der außerdem noch die Frage beinhaltet: Was war denn so wahnsinnig aufregend?

Im nächsten Satz erhält der Leser jedoch keine direkte Antwort, seine Neugier wird statt dessen nur noch mehr gesteigert, in dem er erfährt, dass Mutter tagelang Kisten und Koffer packte. Eine einfache Urlaubsreise steht also offensichtlich nicht an.
Weiter wird dem Leser klar, dass die auf dem Umschlag genannte Christiane F. hier offensichtlich über sich selbst berichtet.

Der dritte Satz lautet: „Ich begriff, dass für uns ein neues Leben anfing.“ War denn irgend was beschissen an diesem Leben und wenn, was konkret war so beschissen an diesem Leben, dass nun ein neues anfangen sollte.

Wie wird diese neue Leben sein, wird es tatsächlich besser werden als das alte?

Das etwa sind Fragen, die sich ein Leser stellen könnte. Seine Neugier wird durch die ansteigende Spannungskurve geweckt und durch die Schreibweise in Ich-Perspektive findet er sozusagen gemeinsam mit der Buchfigur Christiane eine Antwort.

Im Unterschied zu einem Roman existiert diese Buchfigur Christiane aber offensichtlich tatsächlich wie der Leser aus dem Vorwort weiß.

Es gäbe noch einiges mehr besonders was den Inhalt betrifft, aber da hier nicht Thema ist wie man ein interessantes Buch schreibt, möchte ich es hierbei belassen.


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